Der Energieverbrauch von Rechenzentren und Geräten der Informations- und Kommunikationstechnik wächst mit alarmierender Geschwindigkeit und wird Schätzungen zufolge im Jahr 2030 bis zu 20 Prozent des weltweiten Energiebedarfs ausmachen. Um den digitalen Wandel nachhaltig zu unterstützen, müssen Wege gefunden werden, Software künftig erheblich effizienter auszuführen. Dazu könnte das inkrementelle Rechnen beitragen, bei dem Ergebnisse nicht neu berechnet, sondern schrittweise angepasst werden, wenn sich Eingabeparameter ändern. Am Institut für Informatik arbeitet Prof. Dr. Sebastian Erdweg mit seinem Team daran, eine automatisierte Methode für inkrementelles Rechnen zu entwickeln. Für das Projekt "AutoInc" erhält er eine Förderung des Europäischen Forschungsrats, kurz ERC für European Research Council, in Höhe von zwei Millionen Euro. Sebastian Erdweg ist seit 2019 Professor am Institut für Informatik der JGU und leitet hier die Arbeitsgruppe Programmiersprachen.
Inkrementelles Rechnen für reaktive Anwendungen verstärkt nutzen
Die digitale Transformation geht mit hohem Strombedarf einher. Zu den erforderlichen Einsparungen müssen Server und Endgeräte beitragen, aber Hardware allein wird keine ausreichende Entlastung bringen. "Wir müssen daher bei der Software ansetzen", so Prof. Dr. Sebastian Erdweg. "Hier sind massive Effizienzgewinne möglich, wenn es uns gelingt, die maßgeblichsten Beschränkungen bei inkrementellen Berechnungen zu lösen." Inkrementelles Rechnen kommt beispielsweise zum Einsatz, wenn Navigationsgeräte die Route wegen eines Verkehrsstaus neu berechnen oder wenn die Rechtschreibprüfung in Textprogrammen verwendet wird. "Bei solchen reaktiven Anwendungen, wenn wir Daten eingeben und das System sofort darauf reagiert, sind inkrementelle Berechnungen das Herzstück", so Erdweg. Anstatt das Ergebnis von Grund auf neu zu berechnen, werden nur diejenigen Informationen neu kalkuliert und ausgegeben, die von den geänderten Daten abhängen. Das spart Zeit und Energie.
Inkrementelle Berechnungen sind technisch und konzeptionell anspruchsvoll
"Inkrementelle Berechnungen sind großartig, aber ihre Erstellung geht mit einem enormen Mehraufwand einher. Sie sind sowohl technisch als auch konzeptionell äußerst anspruchsvoll", ergänzt Erdweg. Inkrementelles Rechnen ist daher nach seiner Darstellung relativ selten oder wird nur bei einfachen Sachverhalten wie etwa einer Rechtschreibprüfung genutzt. Um die Hürde zu überwinden, dass diese Art von Berechnungen sehr viel Expertise benötigen, und ihnen zum Durchbruch zu verhelfen, will Erdweg mit seiner Arbeitsgruppe im Projekt "AutoInc – Asymptotic Speedups for Free through Automatic Incremental Computing" eine neue Methode entwickeln: Nicht-inkrementelle Berechnungen sollen automatisch in inkrementelle Berechnungen überführt werden. Das Team hat in Voruntersuchungen erreicht, dass Berechnungen damit bis zu 10.000 Mal schneller abliefen. Insgesamt, so die Erwartungen, wird das Projekt nicht nur die Effizienz von Softwareprogrammen verbessern, sondern auch grundlegende Erkenntnisse über das Wesen und die Grenzen der automatischen inkrementellen Datenverarbeitung erzielen.